Tierethik im Buddhismus

Tierethik ist im Buddhismus kein Randthema, sondern wesentlicher Teil der buddhistischen Ethik. Welche zentrale Bedeutung die Tierethik dort hat, zeigt sich zum Beispiel in YANA, der von der Altbuddhistischen Gemeinde herausgegebenen Zeitschrift für Frühbuddhismus und religiöse Kultur auf buddhistischer Grundlage. Gleich am Anfang des Heftes 2/1996 ist unter der Überschrift Meditation ein Zitat aus den Schriften des alten Buddhismus:

„Da ist einer ein Schlächter, der Schaf und Schweine schlachtet, ist ein Vogelfänger, ein Wildsteller, ein Jäger, ein Fischer, oder was man sonst noch als grausames Handwerk betreibt. Den nennt man einen Nächstenquäler, der der Übung der Nächstenqual eifrig ergeben ist.“(Majjh.-Nik 60)

Das genannte Heft enthält neben anderen sehr lesenswerten Beiträgen auch einen über Tier- und Naturschutz in der buddhistischen und abendländischen Ethik. Verfasserin dieses umfangreichen, sehr informativen Beitrages ist Schw. Christine Schoenwerth von der Altbuddhistischen Gemeinde. Der Artikel wird mit einem für die buddhistische Tierethik charakteristischen Zitat eingeleitet:

„Kein lebend´ Wesen soll er töten oder töten lassen, noch billige er es, wenn andere töten. Er lasse ab von Gewalt gegenüber jedwedem Lebewesen, ob stark, ob schwach es sei in dieser Welt!“ (Sutta-Nipata 394)

Besonders ausführlich wies die Verfasserin zu diesem Thema auf Arthur Schopenhauer hin, also auf jenen weltberühmten Denker, der sich zum Buddhismus bekannte und „der mit Recht als der Philosoph des Mitleids bezeichnet werden kann. Wenn einer unter den abendländischen Philosophen das Leid von Mensch und Tier erkannt hat, dann war er es.“

In ihrem Beitrag ging die Autorin auch auf „Einwände gegen die buddhistische Ethik“ ein. Hierbei entkräftete sie den „Haupteinwand“, der Buddhismus sei „lebensfeindlich“, durch die Frage: „Wie sollte eine Lehre lebensfeindlich sein, die alles Leben schont und behütet?“

In diesem Zusammenhang wies die Verfasserin auf einen weiteren, „ebenfalls unbegründeten Einwand gegen die buddhistische Ethik“ hin, nämlich die „Behauptung, daß sie [also die buddhistische Ethik] zwar hohe Ansprüche stelle, ihre Anhänger diese aber nicht in die Praxis umsetzen: das könne man daraus ersehen, daß es z. B. keine buddhistischen Tierschutzvereine gebe. Es mag ja sein, daß es keinen von Buddhisten gegründeten Tierschutzverein gibt. Heißt das aber, daß Buddhisten nicht für ihre Tierbrüder spenden? Gewiß nicht! Die Verfasserin kennt keinen einzigen (!!) Buddhisten, der nicht für die Tiere spendet … Als Buddhist tut er dies allerdings im Stillen.“

Dieses Zitat ist aus dem Jahre 1996. Inzwischen gibt es jedoch Tierschutzvereine, die sich ausdrücklich zum Buddhismus bekennen. Zwei von ihnen seien deshalb hier beispielhaft erwähnt:

https://www.instagram.com/lasstdietiereleben/ *

https://www.facebook.com/Vereintierfreiheit/ *

* Die beiden genannten buddhistisch-veganen Tierschutzeinrichtungen habe ich leider bisher nicht besuchen können. Daher beruhen meine obigen Hinweise nur auf ihrer Web-Präsenz (s. Links mit Bildausschnitten v. 30.10.2022). Jedenfalls habe ich von der Arbeit dieser Tierschutzvereine, wie sie auf deren Webseiten beschrieben werden, gerade auch als Veganer, der dem Buddhismus nahesteht, einen sehr positiven Eindruck!

H.B.

S. hierzu auch: Christentum, Buddhismus und die Tiere > hier.

Weiteres zur > Tierethik und zum > Buddhismus sowie zur > Altbuddhistischen Gemeinde.

Christentum , Buddhismus und die Tiere

Hühnerbaron. Im Auftrag des Herrn. Unter dieser Überschrift wurde einer der größten Geflügelzüchter Deutschlands, Chef von  “Wiesenhof”, in der “Berliner Zeitung” (31.08.2011) vorgestellt. Hierzu wurde auf einen kritischen ARD-Beitrag mit dem Untertitel “Wie ein Geflügelkonzern Tiere, Menschen und Umwelt ausbeutet” verwiesen.

Es ist klar, dass sich der Firmenchef gegen solchen “rufschädigenden” Titel zur Wehr setzte. Aufschlussreich  ist dabei seine Behauptung, dass er als gläubiger Christ der Bibel folge, und dort stehe ja, dass der Mensch sich die Erde untertan machen und über die Tiere herrschen solle. Der Zeitungskommentar wies hierzu darauf hin, dass die Wiesenhofgruppe 2010 einen Gesamtumsatz von fast zwei Milliarden (!) Euro erwirtschaftet und somit der Massentierhalter seinen “göttlichen Auftrag” erfüllt habe.

Nicht nur Christen fragen sich: Werden Massentierhaltung und andere Formen von ökonomischer Tierquälerei tatsächlich durch die Bibel legitimiert? Schon vor mehr als 150 Jahren  meinte > Arthur Schopenhauer , dass die Rechtlosigkeit der Tiere im Alten Testament ihren Ursprung habe. Sie sei eine Folge der biblischen Schöpfungsgeschichte, “nach welcher der Schöpfer, Kap. 1 und 9 der Genesis,  sämtliche Tiere, ganz wie Sachen … dem Menschen übergibt, damit er über sie  herrsche, also mit ihnen tue was ihm beliebt”).

Besonders am Christentum orientierte Tierschützer versuchen mitunter durch abwegige, ja absurde Interpretationen des Alten Testaments oder durch Hinweis auf das Neue Testament die Bibel zu verteidigen und so auch für jene Menschen annehmbar zu machen, die ein Herz für Tiere haben. Was das neue Testament angeht, so hat Holger Schleip in der von ihm herausgegeben Beitragssammlung ”Zurück zur Natur-Religion? Wege zur Erfurcht vor allem Leben” (S. 20 f.) eine interessante Frage beantwortet, nämlich: “Gibt es Hinweise, dass Jesus sich auch der Leiden der Tiere annahm?”.

Die Antwort, die Holger Schleip dazu im Neuen Testament fand:
“In den Evangelien finden sich Berichte nur über eine Heilung, in der Tiere eine wesentliche Rolle spielen (Matthäus8 , Markus 5, Lukas8). Es handelt sich dabei um eine Herde offenbar gesunder Schweine, die zufällig in der Nähe weideten, als Jesus sich zur Heilung eines besessenen Menschen entschloss. Auf Bitten der `bösen Geister` trieb er diese nicht einfach aus dem Menschen aus , sondern er ließ sie in die Schweine fahren, die sich daraufhin ins Meer stürzten und ertranken – zweitausend Schweine, wie Markus sachlich erläutert … Eine zeitentsprechende Parallele zu Tierversuchen der heutigen Medizin?”

In völligem Gegensatz zu dieser im Grunde tierverachtenden Einstellung der Bibel steht der > Buddhismus und der ihm verwandte > Jainismus . Das geht jedenfalls aus diesem Buch hervor, und zwar aus dem Beitrag von Herbert Becker ” Buddhismus und Jainismus . Die Religionen der Ahimsa”: Das Sanskritwort Ahimsa werde, wie der Beitrag erläutert, oft mit Gewaltlosigkeit übersetzt. Jedoch sei Ahimsa weit mehr als nur  Verzicht  auf Gewalt. Vielmehr bedeute es “eine positive, ja liebevolle Gesinnung allem Leben gegenüber”. So hätten  Buddhismus und Jainismus “seit Jahrtausenden in Wort und Tat oft bewiesen, wie sehr sie sich für die Achtung und den Schutz allen Lebens einsetzen”. Als ein Beispiel von vielen erwähnt Herbert Becker in seinem Beitrag einen heiligen Mann, der im 3. vorchristlichen Jahrhundert in Ceylon (Sri Lanka) lebte, also zu einer Zeit, als auf dieser Insel der Buddhismus zu einer einflussreichen Religion wurde. Ganz im Sinne des Buddhismus, ja auch des Jainismus, wandte sich dieser Heilige an den dortigen König Devanampiya Tissa mit den Worten:

O großer König, die Vögel der Lüfte und das Getier der Erde haben ebenso wie du ihr Recht auf die Insel. Sie sind nicht dein Eigentum, aber als König hast du die Aufgabe, Tier und Mensch zu schützen.

Schlage ich nun die Bibel (1. Mose 9, 2 f.) auf, dann lese ich:

Furcht und Schrecken vor euch sei über alle Tiere auf Erden und über alle Vögel unter dem Himmel, über alles, was auf dem Erdboden kriecht, und über alle Fische im Meer; in eure Hände seien sie gegeben. Alles, was sich regt und lebt, das sei eure Speise.

Wenn ich derartige Bibelsprüche lese, dann überkommt mich ein  Schrecken. Doch der Gedanke, dass es Religionen gibt wie den Buddhismus und Jainismus , die alles Leben und somit auch das der Tiere achten und schützen, ist für mich eine Ermutigung.
b

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