Descartes : Tiere nur Automaten

Wenn man Descartes liest und zum ersten Mal auf dessen Ansicht stößt, Tiere seien Automaten ohne Bewusstsein, ist man erstaunt. Mit dieser Feststellung  beginnt ein Beitrag von Norman Malcolm, Präsident der American Philosophical Association, unter der Überschrift „Gedankenlose Tiere” in der Anthologie „Der Geist der Tiere. Philosophische Texte zu einer aktuellen Diskussion”(S. 77f.).

Tierschützer, die sich etwas näher mit Descartes, einem der bedeutendsten Philosophen der Neuzeit, befasst haben, nehmen dessen Ansicht, Tiere seien Automaten, kunstvolle Maschinen  nicht bloß „erstaunt”, sondern geradezu mit Abscheu zur Kenntnis. Descartes hatte mit solchen Behauptungen wesentlich dazu beigetragen, in der Philosophie den Graben zwischen Mensch und Tier weiter zu vertiefen, so dass er bis weit in das 19. Jahrhundert hinein als unüberbrückbar erschien. Erst danach, und zwar vor allem durch Arthur Schopenhauer , begann in dieser Hinsicht ein langsames Umdenken, welches schließlich dazu führte, dass heute in der Philosophie Tierethik ein diskussionswürdiges Thema ist.

In den 150 Jahren nach dem Tod von Descartes, so stellt der o. a. Beitrag fest, sei die Doktrin, Tiere wären Automaten, Gegenstand vieler Kontroversen gewesen. Der Artikel  zitiert dazu Fontaine, der als Beispiel auf die Philosophen und Logiker von Port-Royal  hinwies:

„Sie versetzten Hunden mit vollkommener Gleichgültigkeit Schläge und machten sich lustig über jene, die die Geschöpfe bemitleideten, als hätten sie Schmerz empfunden. Sie sagten, Tiere seien Uhren. Die Schreie, die sie ausstießen, wenn sie geschlagen würden, seien lediglich das Geräusch einer kleinen Feder, die berührt worden sei, der ganze Körper aber sei gefühllos.”

Descartes selbst, so ergänzt der Beitrag, hätte zu derartigen, nicht nur jeden Tierfreund schockierenden Äußerungen bemerkt, dass „meine Ansicht nicht so sehr gegenüber den Tieren grausam, sondern vielmehr nachsichtig gegenüber den  Menschen ist, … weil sie sie (die Menschen) vom Verdacht eines Verbrechens losspricht, wenn sie Tiere essen oder töten”.

Als Tierrechtler ist mir Descartes verständlicherweise nicht sympathisch, aber in seiner Schlussfolgerung muss ich ihm Recht geben: Wenn zwischen Mensch und Tier kein wesentlicher Unterschied bestehen würde, wäre das Essen und Töten von Tieren ein Verbrechen. Da jedoch gerade neuere Forschungen immer deutlicher zeigen, dass die Grenze zwischen Mensch und Tier nur relativ, nicht aber absolut ist, so folgt als Umkehrschluss aus dem Descartes – Zitat: Essen und Töten von Tieren ist ein Verbrechen! Zugegeben, ein für viele Fleischesser sehr unbequemes Ergebnis, doch Wahrheiten sind selten bequem, oft sogar schockierend.
B

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